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Total normal? Sozialarbeiter*innen und Psycholog*innen in der Kita

01. 02. 2021

Kita 2

Kinder bauen ihre Familiensituation

 

Kita 1

Im Reflexionsgespräch

 

Das Land Sachsen-Anhalt hat im Rahmen des Kinderförderungsgesetzes eine zusätzliche Förderung für Kitas mit „besonderen Bedarfen“ (§23 KiFöG) vorgesehen. Diese zusätzliche Förderung umfasst den Einsatz einer zusätzlichen Fachkraft, um Kinder und Eltern in besonderen Lebenslagen zu fördern. Auch die AWO Kita „Haus des Kindes“ kann seit Mitte Oktober 2019 auf eine zusätzliche Mitarbeiterin zurückgreifen.

Wir, die AWO-Redaktion, sprachen mit Isabel Heide, Rehabilitationspsychologin, und Heike Espenhahn, Einrichtungsleiterin.

 

Redaktion: Was muss ich mir darunter vorstellen?

Frau Espenhahn:

Kindertageseinrichtungen, die über einen hohen Anteil von Kindern verfügen, deren Eltern sich in besonderen Lebenslagen befinden, sollen mit dieser Sonderförderung unterstützt werden. Bisher haben die Erzieher*innen der Kitas und besonders die Einrichtungsleitung versucht, diese Familien mehr zu fördern. Wir haben in diesem Zusammenhang einen Eltern-Bildungstreff, der sich wöchentlich trifft, initiiert, um die Zusammenarbeit mit den Eltern zu stärken und Bildungsbenachteiligungen mit gezielter Unterstützung abzubauen.

Doch die fördernde Arbeit für einen Teil der Eltern bleibt dann kaum Zeit für andere Arbeit bzw. viele andere Dinge bleiben auf der Strecke. Die zusätzliche Mitarbeiterin soll fördern und für die Fachkräfte der Kita Entlastung bringen und eine verlässliche Vertrauensperson für die Familien sein.

 

Redaktion: In Ihrer Kita haben Sie sich für eine Rehabilitationspsychologin, die Sie im Kita-Alltag unterstützt, entschieden. Welche Aufgaben haben Sie formuliert, welche Schwerpunkte soll diese Mitarbeiterin umsetzen?

Frau Espenhahn:

Wir haben zwei Schwerpunkte für uns formuliert, an denen Frau Heide arbeitet. An erster Stelle steht die Stärkung der Einrichtung in der Zusammenarbeit mit den Eltern, um einen Ausgleich von Bildungsbenachteiligungen zu schaffen. An zweiter Stelle steht die Stärkung der Resilienz der Kinder. Darin sehe ich den Schwerpunkt der Arbeit von Frau Heide: Kinder zu befähigen, eigene Ressourcen zu erkennen und zu nutzen, um gestärkt mit problematischen Situationen umzugehen. Für mich ist sie die soziale Ressource für die Kinder. Darüber hinaus soll damit auch die Netzwerkarbeit ausgebaut und das Kita-Team durch neue Impulse gefördert und gestärkt werden.

 

Redaktion: Bereits seit 14 Monaten sind Sie nun in der Kita mit diesen Schwerpunktaufgaben unterwegs. Als Sie sich für diese Stelle bewarben, was haben Sie sich vorgestellt, wie Ihre Arbeit sein würde?

Frau Heide:

Mir war von Anfang an bewusst, dass meine Arbeit in der Kita vielseitig, flexibel und mit viel Fingerspitzengefühl verbunden sein wird bzw. ist. Es bedarf ein spezielles Handeln, da jede Situation und die Gegebenheiten individuell zu betrachten sind. Zusätzlich heißt es, Kindern sowie Eltern in Bezug auf gewisse Themen zu sensibilisieren, ihnen Lösungswege (Strategien) zu zeigen. Für mich stand außerdem fest, dass ich als zuverlässige Ansprechpartnerin und für sie und das Kita-Team fungieren möchte sowie mit meiner psychologischen Perspektive die Sichtweisen verändere.

 

Redaktion: Nach Ihrer Ankommensphase in der Kita kam Corona, wie hat sich das auf Ihre Arbeit ausgewirkt?

Frau Heide:

Ein Teil meiner Zielgruppe (Kinder mit besonderen Bedarfen) durfte anfangs die Einrichtung während der Notbetreuung nicht besuchen. Es mussten andere Strategien überlegt werden, um die Eltern trotz alledem gut erreichen zu können. So hielten Frau Espenhahn und ich telefonischen Kontakt zu den Familien, zum Jugendamt und anderen Netzwerkpartnern. Mit kleinen Videobotschaften über die AWO Facebook Seite und der AWO Homepage gaben wir den Eltern Anregungen einer gemeinsamen Freizeitgestaltung.

Mit Beginn des eingeschränkten Regelbetriebs im August stellte ich fest, dass einige Kinder neue Probleme hatten und dies durch ein emotional instabiles Verhalten signalisierten. In dieser Zeit führte ich intensiv mit ihnen „kleine“ Gespräche und gewann einen Überblick über ihre derzeit vorhandenen Ressourcen, die ich anschließend verstärkte. Die intensive Arbeit mit den Familien beschränkt sich leider vielfach auf Telefon- und Türgespräche. Es ist wichtig, das gewonnene Vertrauen der Familien aufrechtzuerhalten. Durch ein Diensthandy wird mir die flexible Kommunikation mit den Eltern erleichtert.

 

Redaktion: Wie hat sich der Alltag in der Kita verändert, merken Sie und die Kolleg*innen, dass sie jetzt besser für den Alltag aufgestellt sind?

Frau Espenhahn:

Für mich bedeutet es, dass ich mit Frau Heide einen fachlich kompetenten Ansprechpartner mehr habe. Sie nimmt die Probleme der Kinder und Familien noch einmal aus einer anderen Perspektive wahr.

Mit ihren täglichen Gesprächen sowie der Beratung des Kita-Teams frischt Frau Heide bspw. den Gesprächsleitfaden für schwierige Elterngespräche auf. Durch die Integration dieser neuen Qualität in die tägliche Kita-Arbeit ist sie zu einer verlässlichen Stütze geworden und erleichtert die Arbeit für die Einrichtungsleitung und das Kita-Team. Ihre psychologische Sicht- und Herangehensweise eröffnet neue Chancen für das Kita-Team und die Netzwerkpartner. Außerdem findet sich die kollegiale Fallberatung als ein fester Bestandteil im pädagogischen Kita-Konzept sowie im Qualitätsmanagement wieder.

 

Redaktion: Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Frau Espenhahn:

Wünschenswert wäre es, dass die Förderung verlängert bzw. das Angebot der zusätzlichen Beratung und Unterstützung für und in Kinder- und Jugendeinrichtungen ein fester Bestandteil wird. Besonders die Aspekte der psychologischen Arbeit sind nicht gleichbleibend und kommen nicht zum Stillstand. Sie muss einfühlsam, flexibel und situativ auf jeden Einzelnen angepasst werden.

Für die Kinder wünsche ich mir, dass sie genügend Rüstzeug erhalten, um optimal durch diese zusätzliche Unterstützung, auch individueller, auf das Leben vorbereitet zu sein. Jedes Kind sollte sich seiner selbst bewusst sein und den eigenen Kräften vertrauen. Das Für-Sich-Selbst-Verantwortlich-Sein bedeutet, auch schon in der Kita-Zeit Unabhängigkeit und Eigeninitiative entwickelt zu haben.

 

Frau Heide:

Im Vordergrund bleibt das „Gesunde Selbst“ der Kinder zu stärken sowie den Kontakt zu den Eltern zu pflegen. Außerdem möchte ich mehr Eltern ermutigen, die vorhandene Hilfe in Anspruch zu nehmen und ihnen vermitteln, mit ihren Kindern wertschätzend umzugehen. Auch zukünftig strebe ich mit meiner fachlichen Kompetenz an, ein offenes Ohr für Kinder, Eltern, Netzwerkpartner und das Kita-Team zu haben.

 

 

Redaktion: Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg bei Ihrer Arbeit!

 

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